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Die Arbeit von Bayasgalant in Zeiten von Corona

Seit Ende Januar ist die Mongolei im Lockdown und somit auch unsere Bayasgalant Tagesstätte. Obwohl es bis jetzt nur 30 bestätigte Corona-Fälle gibt und sich diese alle in überwachter Quarantäne befindet, hat das mongolische Parlament letzte Woche entschieden alle Institutionen, die mit Kindern und Schulen zu tun haben noch bis September geschlossen zu halten. Auch jegliche Flüge in und von der Mongolei sind bis und mit September abgesagt.

Wie gehen wir mit der Situation um? Zaya Okhinoo unsere Projektleiterin erzählt

 

Erzählt von Zaya Okhinoo, aufgeschrieben von Martina Zürcher

 

„Als die Info letzte Woche raus kam, waren wir alle nochmals wie im Schock. Wirklich alles immer noch zu bis September? Das kann doch nicht sein, jetzt ist schliesslich erst April!

Mittlerweile sehen wir es etwas lockerer und glauben auch, dass beim Abklingen des Virus die Regierung eine Lockerung der Massnahmen machen wird. Januar und Februar waren ja die Regeln überall extrem streng. Wir durften nicht aus der Stadt raus und im Land herumreisen. Mittlerweile ist dies kein Problem mehr. Wir werden gebeten, Abstand zu halten, draussen immer Masken zu tragen und uns nicht in Gruppen aufzuhalten. Aber die Polizisten sind freundlich und wir dürfen auch aufs Land hinaus fahren und die Natur geniessen.

 

Einige unserer Bayasgalant Kinder sind auf dem Land bei Verwandten. Das ist sicher nicht schlecht. Aber die allermeisten sind zu Hause und ihnen ist sehr langweilig. Der Schulunterricht gibt es für die Kleineren im TV. Jeden Morgen um 9 Uhr geht es los. Das ist gut, aber auch nicht optimal. Das Programm geht sehr schnell und kann nicht angehalten werden. Und wir glauben, dass bei vielen unserer Familien die Eltern leider nicht fähig sind die Kinder beim Fernunterricht zu unterstützen. Sie haben andere Sorgen. Zum Beispiel wie und wo sie Arbeit finden können oder überhaupt, wie sie diese Zeit finanziell überstehen. Mit den älteren Kindern sind wir via Chat oder Telefon in Kontakt. Bei den Jüngeren wissen wir nicht so recht, wie es ihnen wirklich geht. Tumee und Nendaa, unsere beiden Sozialarbeiterinnen, machen immer wieder ein paar Hausbesuche. Aber sie sind aus gesundheitlichen Gründen so kurz wie möglich da, schauen nur schnell rein und können so die Situation nur schwer einschätzen. Es ist schon schwierig, nicht genau zu wissen, wie es den Kindern wirklich geht.

 

Seit Januar verteilen wir an die allermeisten Familien Grund-Nahrungsmittel. Sie erhalten Reis, Nudeln, Mehl, Öl, Hammel oder Kamelfleisch, Zwiebeln, Kartoffeln und Karotten. Sowie Kohle zum Heizen ihrer Jurten. Normalerweise ist unser Nothilfe-Fonds dazu ausgerichtet pro Winter für 15, höchstens 25 Familien mit Kohle und Nahrungsmittel zu versorgen. Seit Januar unterstütze wir nun aber alle Familien. Aber obwohl wir auf der Tagesstätte nicht mehr täglich für 175 Kinder kochen, kommt die Besorgung der Lebensmittel manchmal sogar teurer als zuvor. Denn wir können jetzt nicht grosse Mengen aufs Mal einkaufen. Aus hygienischen Gründen müssen wir Kilo-Packungen von Mehl oder Reis kaufen. Das läppert sich zusammen. Aber weil die meisten Eltern nicht mehr zur Arbeit gehen können und auch kein Geld auf der Seite haben, ist es dringend nötig, sie zu versorgen. Sie leben normalerweise von dem Geld, welches sie jeden Tag verdienen und haben keine Ersparnisse. Jetzt hat zum Glück die Regierung verkündet, dass sie das Kindergeld erhöht. Ab sofort erhält man 30’000 Tugrik pro Kind und Monat. Das ist ein Drittel mehr als zuvor. Zu Beginn haben wir überall eine sehr grosse Solidarität gespürt. Unter Familien und Freunden hat man sich wieder viele mehr geholfen als zuvor. Auch wurde insgesamt in der Gesellschaft viel weniger Alkohol konsumiert. Sofern wir dies bei „unseren“ Familien mitbekommen haben, war auch bei ihnen die Situation mit dem Alkoholkonsum etwas besser. Ob das mehr an Kindergeld nun in Wodka investiert wird, bleibt leider tatsächlich fraglich.

 

Einige der Kinder geniessen es, dass die Eltern jetzt mehr Zeit für sie haben als zuvor. Aber den meisten ist es sehr langweilig. Sie haben keine Spielsachen zu Hause und wenig Möglichkeiten sich zu beschäftigen. Wir überlegen jetzt, ob wir Spiele und Bastelmaterial vorbeibringen können. Und wenn es noch so lange dauert, ob es möglich ist via Online-Angebote etwas für die Kinder zu tun. Die meisten haben via einem Mobiltelefon etwas Internet-Empfang. Wir haben auch vor, in ein paar Wochen, falls sich die Situation mit dem Virus mehr beruhigt, einen Antrag zu stellen, dass wir in kleinen Gruppen, so vier oder fünf Kinder höchstens, hier auf der Tagesstätte Unterricht geben können, damit die Kinder nicht im September eine allzugroße Wissenslücke aufarbeiten müssen. Und auch damit die Kinder mal wieder von Zuhause wegkommen. Vielleicht ist Camping im Sommer eine Option.

Alle unsere Angestellten wollen aktiv sein und etwas für die Kinder tun. Die Frage ist einfach, immer was wir dürfen und was nicht. 

Neulich haben wir einige Tage lang immer ein paar wenig Kinder abgeholt, um mit ihnen im öffentlichen Badehaus duschen zu gehen. Das war gut. Die Kinder haben sich gefreut, uns zu sehen, und wir haben uns gefreut sie zu sehen. Der eine Grund, weshalb wir dies tun, ist ganz klar die Hygiene, der andere ist auch, um unauffällig zu kontrollieren, ob sie blaue Flecken haben und somit ob sie zu Hause Gewalt erleben oder nicht. Wir waren sehr froh, dass wir bei den sechzig Kinder, die wir zum Duschen abgeholt haben und denen wir frisch gewaschene Kleider gaben, keine blauen Flecken gesehen haben. Offenbar hat diese Corona-Krise tatsächlich auch ihre guten Seiten.

 

Auch Girlee hat mit ihrem Nähatelier umgesattelt. Sie hat ein paar Nähmaschinen zu sich nach Hause genommen, damit sie nicht immer ins Nähatelier pendeln muss, und stellt nun im „Homeoffice“ Gesichtsmasken her. Gerade dieses Wochenende hat Otgoo, einer unserer Studenten, initiiert, dass Girlee einen Auftrag für 200 Masken von einer gemeinnützigen Organisation erhält. Sie kann alle 200 Stück aufs Mal verkaufen. Otgoo und andere Jungs von uns gehen die Masken dann hier in der Gegend an die Menschen verteilen, die keine haben. Wenn sie kein Geld haben, erhalten sie diese geschenkt. Ich finde es sehr schön zu sehen, dass unsere Jugendlichen selbst aktiv werden. Und sich so sehr freuen endlich wieder etwas Sinnvolles gemeinsam machen zu können. 

Sie müssen zwar alle ihr Studium online weiterführen, aber auch ihnen ist oft langweilig und sie wissen nicht, wie sie die Tage füllen sollen. Nun haben sie selbst etwas in die Wege geleitet und realisieren, wie viel Spass es macht Dinge umzusetzen und ich denke, dies ist für sie eine sehr wertvolle Erfahrung.

Nichtsdestotrotz freuen wir uns darauf, wenn dann wieder eine gewisse Normalität einkehrt.

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